Huda El Haj Said, START-Jahrgang 2015, Niedersachsen
Eine Bühne für die Worte
Imke Borchers ist Beraterin bei KOMBÜSE – Kommunikationsbüro für Social Entrepreneurship und kommuniziert unter anderem auch für START. #Gerechtigkeit, #Literatur #Sprache
„Ich habe mich schon immer durchs Leben geschrieben. Meine ersten Geschichten sind schon in der Grundschule entstanden. Ich schreibe über alles, was mich bewegt und worüber meiner Meinung nach geredet werden sollte. Heute sind das Themen wie Rassismus oder junge Menschen, die die Welt verändern wollen – und denen dabei Steine in den Weg gelegt werden. Ich erzähle in meinen Texten aber auch, wie ich den Alltag mit meiner Krankheit meistere: Seit meinem achten Lebensjahr habe ich Typ 1 Diabetes.
Mich fasziniert es, Wissen über diese Diagnose und den menschlichen Körper zu sammeln. Aber ich musste erst einmal lernen zu akzeptieren, dass die Krankheit zu mir gehört – und nicht wieder weggehen wird. Um es anderen Erkrankten leichter zu machen, leiste ich Aufklärungsarbeit für Betroffene: Ich schreibe für verschiedene Portale und berate Mit-Studierende. Seit zweieinhalb Jahren bin ich in Hannover im Fach Humanmedizin eingeschrieben – das hat sicher auch mit meiner Diabetes-Diagnose zu tun. Neben dem Studium engagiere ich mich an der Hochschule in der islamischen Gemeinschaft und bin Chefredakteurin der Hochschulzeitung. Als AStA-Mitglied versuche ich etwas für eine faire Hochschulpolitik zu bewegen.
Den Mut, zu mir selbst und für meine Überzeugungen einzustehen, habe ich aus meiner START-Zeit mitgenommen. Denn in dieser Community habe ich mich zum ersten Mal frei gefühlt, konnte mich ausprobieren – das hat mich ermutigt, das Schreiben nicht aufzugeben. Eine sehr besondere Rückmeldung habe ich einmal bei einer START-Veranstaltung bekommen. Eine Teilnehmerin sprach mich nach der Lesung an und sagte: „Ich hätte nicht gedacht, dass sich eine junge Frau mit Kopftuch das Mikrofon schnappen kann und alle im Saal sind still. Du hast mir heute gezeigt, dass das möglich ist.“ Das hat mich sehr berührt, denn ich bin oft mit Vorurteilen konfrontiert. Aber es ist es mein Recht, aufzutreten, wie ich das möchte. Auf der Bühne habe ich mir meinen Platz erkämpft, den kann mir niemand mehr nehmen.“